W-Seminar des Maria-Ward-Gymnasiums und P-Seminar des König-Karlmann-Gymnasiums stellten ihre Arbeiten vor.

Altötting. Die Historie Altöttings ist reich – auch strittige und unwidersprochen dunkle Kapitel hat es gegeben. Als „Die Liste“ vor drei Jahren erstmals um Sitze im Stadtrat kandidierte, griff sie diese Schattenseiten im Wahlkampf auf: Neben Führungen zu den Bereichen Verkehr und Wohnen gab es auch eine zur Stadtgeschichte, Frank Bremauer thematisierte seinerzeit Tilly sowie die Bürgermorde vom 28. April 1945. Dabei sollte es nicht bleiben, er regte an, Geschichtspfade zu schaffen, wenn möglich unter Einbeziehung der Jugend. Diese Idee ist nun einen großen Schritt weiter: Unter Vermittlung von Stadt und Heimatbund wurden die beiden Altöttinger Gymnasien eingebunden, Schülerinnen und Schüler der Q12 – ein P-Seminar des König-Karlmann-Gymnasiums und ein W-Seminar des Maria-Ward-Gymnasiums – befassten sich mit der Materie. Am Dienstag stellten sie im Kultur + Kongress Forums vor zahlreichen Gästen die Ergebnisse vor.
Bürgermeister Stephan Antwerpen würdigte schon eingangs das Engagement der Schülerinnen und Schüler. Dass sich Seminare mit dem Thema beschäftigt hätten, sei eine tolle Sache, sagte das Stadtoberhaupt und verwies auf die Unterstützung nicht nur der Schulen, sondern auch von Heimatbund, Stadtarchiv, Museen und Institutionen. Sie alle seien in die vorbereitenden Gespräche eingebunden gewesen.
Von der praktischen Seite – wie es einem P-Seminar entspricht – näherten sich neun Schülerinnen und Schüler des KKG unter der Leitung von Geschichtslehrer Thomas Lorenz dem Thema an. Wie genau das vonstatten ging, das erläuterte stellvertretend Samuel Wewerka. Zwei Tafeln für einen Geschichtslehrpfad habe das Seminar ursprünglich erstellen wollen – geworden sind es zwölf, sei doch die Geschichte Altöttings ausgesprochen vielschichtig, was die Gruppe – auch im Austausch mit dem W-Seminar des MWG – rasch bemerkt habe. Das sei Ansporn gewesen, einen „wirklich großen Pfad auf die Beine zu stellen“.

Mit der Altöttinger Geschichte beschäftigten sich sowohl ein W-Seminar des Maria-Ward-Gymnasiums als auch ein P-Seminar des König-Karlmann-Gymnasiums. Im Bild zu sehen sind die Schülerinnen und Schüler, für die es viel Applaus gab, mit ihren Lehrkräften und Schulleitungen sowie Bürgermeister Stephan Antwerpen. Foto: Hölzlwimmer/red

Daten an die Stadt übergeben

Thematisch seien die Bürgermorde gesetzt gewesen, auch Tilly habe man aufgenommen, das Goldene Rössl und Bruder Konrad ebenso, dazu viele bedeutende Stätten, darunter Gnadenkapelle, Stiftspfarrkirche und Basilika. Im Format 60 mal 80 Zentimeter sind die Ergebnisse zusammengefasst. Als Plakate – optisch abgestimmt auf das Design von Verkehrsbüro und auch Administration – gibt es sie bereits. Sie auf Tafeln, die tatsächlich im Stadtgebiet aufgestellt werden können, zu produzieren, wäre kein Problem.
Die Daten dafür sind jedenfalls schon einmal in der Hand der Stadt. Samuel Wewerka übergab sie gebannt auf einen Stick an Bürgermeister Antwerpen – nicht ohne einen Wunsch zu äußern: Die gesammelten Informationen seien viel umfangreicher als das, was als Essenz für die Tafeln bestimmt sei. Die zusätzlichen Texte sollten den Nutzern per QR-Code nutzbar gemacht werden.
Von der wissenschaftlichen Seite nahm sich das W-Seminar des MWG der Sache an. 15 Schülerinnen und Schüler fertigten unter der Leitung von Geschichtslehrer Felix Ambros Seminararbeiten an. Zwei davon stellten die Ihrigen vor, eine davon war Jolanda Rieder. Sie hatte die Bürgermorde vom 28. April 1945, als in Summe sieben Altöttinger im Bemühen, die Stadt in den letzten Kriegstagen kampflos an die anrückenden US-Truppen zu übergeben, den Tod gefunden hatten, als Thema gewählt und es auch hinsichtlich der Auswirkungen auf das gesellschaftliche Zusammenleben untersucht – und sich dabei nicht allein auf Veröffentlichungen gestützt, sondern auch das Gespräch beispielsweise mit Zeitzeugen und Angehörigen gesucht. Eine Erkenntnis: Die Reaktionen bei der Aufarbeitung seien sehr unterschiedlich gewesen. Manche hätten das Geschehen lieber unter den Teppich gekehrt, im anderen Extrem habe es sogar Bemühungen gegeben, die Opfer seligsprechen zu lassen.
Eva Pospiech war die zweite Schülerin, die ihre Arbeit vorstellte: Ihr Thema war Tilly – also auch eines, das umstritten ist, scheiden sich doch die Geister an dem eng mit Altötting verbundenen Grafen, der zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges einerseits Heerführer, andererseits ein großer Marienverehrer war. Sein Herz ist im Boden der Gnadenkapelle bestattet, sein Körper hat in der eigens dafür errichteten Tillygruft die letzte Ruhestätte gefunden.
Exemplarisch machte Eva Pospiech die Widersprüchlichkeit am Tillydenkmal fest, das bereits 1914 gefertigt wurde, aber erst knapp hundert Jahre später begleitet von Protesten am Kapellplatz aufgestellt wurde. Unbekannte überschütteten die Hände des gegossenen Tilly mit roter Farbe, die sinnbildlich stehen sollte für das Blut, das er vergossen hat.
Den Vorträgen der Schülerinnen und Schülern war neben allem Inhalt auch zu entnehmen, wie wichtig es ist, sich mit der Geschichte kritisch auseinanderzusetzen. Von vielem von dem, was sich vor teils noch gar nicht so langer Zeit in ihrer Heimat ereignet hat, hatten sie keine Kenntnis, bevor sie sich im Zuge der Seminare darin vertieften.

„Wenn die Stadt das in die Hand nimmt, flutscht das“

Die Vorträge der Schülerinnen und Schüler wurden von den Gästen mit viel Beifall quittiert, auch Bürgermeister Antwerpen zeigte sich sehr angetan. „Wahnsinnig interessant“ sei das, was die Seminaristen ausgearbeitet haben. Die Stadt sei an den Ergebnissen jedenfalls interessiert, sie seien eine gute Ergänzung zu den bereits bestehenden Stadtführungen. Vorstellen könne er sich auch die Installierung von einem oder gar verschiedenen Geschichtspfaden, so das Stadtoberhaupt. Überlegungen, wie diese auch im Sinne der Touristen und Wallfahrer präsentiert werden könnten, gelte es zusammen mit dem Heimatbund, der Kirche und verschiedenen Einrichtungen anzustellen.
Initiator Frank Bremauer zeigte sich abschließend sehr zuversichtlich, denn: „Wenn die Stadt das in die Hand nimmt, dann flutscht das.“ − sh – ANA vom 19.01.23

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